Großbettlingen Security im Betrieb: das Wirtschaftsministerium erinnert die Firma Norgren an ihr eigenes Statut. Von Ulrich Stolte
Der massive Einsatz von Sicherheitsleuten in der Firma Norgren, welche die Schließung ihres Werkes in Großbettlingen plant, hat nicht nur die Gewerkschaft und die Lokalpolitik auf den Plan gebracht. Jetzt will auch das Wirtschaftsministerium in Stuttgart dazu Stellung beziehen. Dem Entschluss vorausgegangen ist ein Gespräch mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft.
Der Grund des Treffens ist der nach Ansicht der Gewerkschaft überzogene Einsatz eines Sicherheitsdienstes, seitdem die Schließung des Werks verkündet wurde. Etwa 70 Mitarbeiter sollen dort entlassen werden, die Produktion soll in das tschechische Brünn abwandern. Noch jetzt stehen die Security-Leute vor dem Tor und bewachen das Werk. Die Belegschaft, allen voran die Betriebsratsvorsitzende Nevin Akar, fühlt sich kriminalisiert, eingeschüchtert und überwacht. Der Unternehmenssprecher Tim Bartz hat aber abgewiegelt. Nur zum Schutz der Mitarbeiter selbst und mit dem Ziel einer Deeskalation habe man die Security-Leute eingesetzt, sagt er.
„Als überaus konstruktiv“, wertete gestern der IG-Metall-Bevollmächtigte Jürgen Groß das Gespräch mit einem Vertreter des Wirtschaftsministeriums. Nach der Darstellung der Gewerkschaft will das Ministerium Norgren einen Brief schicken. Darin will es auf Fördertöpfe für das Unternehmen aufmerksam machen. Wegen des Security-Einsatzes will Nils Schmid den Konzern an sein eigenes Statut erinnern. Die Firma Norgren ist ein Tochterunternehmen des Britischen IMI Konzerns, in dessen Richtlinien es heißt: „Wir gehen stets professionell und respektvoll miteinander um.“ Und weiter: „Wir erinnern uns daran, dass gegenseitige Achtung auch in schwierigen Zeiten, bei Meinungsverschiedenheiten oder Konfrontationen entscheidend ist. Wenn wir nach diesen Prinzipien handeln, respektieren wir unsere Gesprächspartner, deren Sichtweise und die Position, in der wir zu ihnen stehen. “
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums bestätigte die Gespräche mit der Gewerkschaft. Der Wirtschaftsminister wolle sich im Laufe der Woche einschalten, sagte er weiter.
Besonders der Hinweis auf Fördertöpfe habe einen besonderen Hintergrund, vermutet Jürgen Groß von der IG Metall. Das Norgren-Werk in Großbettlingen ist von einem schweren Hagelschaden heimgesucht worden, das Dach ist nur provisorisch abgedichtet. Groß glaubt, das Werk werde auch deswegen geschlossen, weil man nicht mehr in das Gebäude investieren wolle. Aus Fördertöpfen könnte das Werk Zuschüsse zur Dachsanierung bekommen. Norgren indessen begründet die Schließung mit strategischen Gründen.
Inzwischen interessieren sich auch die Bundestagskandidaten für den Fall. Am Montag war der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Hennrich vor Ort, um sich ein Bild zu machen, am Dienstag besuchte der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold das Werk. Hennrich sagte, er sei „entsetzt, wie die Unternehmensleitung vorgegangen ist. Die Sicherheitsmaßnahmen sind absurd!“